Versicherer unterstützt Jagdverband im NRW-Wahlkampf |
veröffentlicht von V. Ammer am 20.4.2012 |
NABU NRW fordert sofortigen Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden der Gothaer
Düsseldorf – Erstmals mischt sich einer der großen deutschen Versicherer aktiv in das Wahlkampfgeschehen in Nordrhein-Westfalen ein. Die Gothaer Versicherung mit Sitz in Köln wirbt mit ihrem Vorstandsvorsitzenden Dr. Werner Görg unter den Jägerinnen und Jägern in NRW um Geld für eine Medienkampagne zur Rettung der Jagd in Nordrhein-Westfalen.
Pressemitteilung des Naturschutzbundes NRW (Nabu) von Josef Tumbrinck, Vorsitzender NABU NRW, NABU NRW Pressestelle, Düsseldorf:
"Dass der Vorstand der Gothaer jetzt aktiv in den NRW-Wahlkampf eingreift und den Landesjagdverband in seinen Bemühungen unterstützt, eine von SPD und Grünen geplante Änderung des Landesjagdgesetzes zu verhindern, ist aus Sicht des NABU ein Skandal", sagt Josef Tumbrinck, Vorsitzender des NABU NRW. Mit Hilfe von Falschaussagen würde hier ein Versicherer versuchen Panikmache und Wahlkampf zu Gunsten einer Interessengruppe zu betreiben. „Ich fordere den sofortigen Rücktritt des dafür verantwortlichen Vorstandsvorsitzenden Dr. Werner Görg.“
In einem persönlichen Brief vom 12. April habe der passionierte Jäger Görg und der ehemalige CDU-Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert als Präsident des Landesjagdverbandes (LJV)NRW die 65.000 Jagdverbandsmitglieder dazu aufgefordert, für die Jägerstiftung natur + mensch zu spenden. Begründet wird dies mit dem drohenden „Aus für die Jagd“. So solle angeblich die ´Niederwildjagd komplett verboten werden´. Dabei habe sich die von Borchert als Vorsitzendem geleitete Jägerstiftung natur + mensch des Deutschen Jagdschutzverbandes laut Satzung dem Natur- und Artenschutz verschrieben.
„Jetzt wird deutlich, dass wir es hier mit einer Spendensammeleinrichtung für bundesweite Medienkampagnen zur Glorifizierung der Jagd zu tun haben“, so Tumbrinck. NRW stelle nur den Auftakt für weitere teure bundesweite Imagekampagnen dar. Laut NABU NRW stellten sich bei der Reputation dieser Stiftung auch weitere Fragen: So ist der Vorsitzende des Stiftungsrats Michael Storm aus Düsseldorf im Dezember 2011 wegen Veruntreuung von Firmengeldern des Stahlunternehmens Schmolz + Bickenbach in Millionenhöhe als Präsident des Verwaltungsrates zurückgetreten, fungiert aber weiter an der Spitze dieser gemeinnützigen Einrichtung der deutschen Jägerschaft, ohne dass dieses kriminelle Verhalten dort Konsequenzen hat.
Besonders pervers sei für den NABU, dass die Gothaer zur Finanzierung der Kampagne auch Mittel aus Verkäufen von Totschlagfallen und Waffenzubehör einsetzen will. 2010 hat der Versicherer eigens einen Jagdshop gegründet. Unter dessen Artikeln finden sich auch so genannte Schwanenhälse und Abziehfallen sowie diverses Zubehör wie Waffenholster oder Waffenschränke. 10% der Verkaufserlöse sollen laut Firmenchef Görg bis Ende Juli der Jägerstiftung zur Verfügung gestellt werden.
Klar ist für den NABU, dass das Landesjagdgesetz in NRW grundlegend geändert werden muss. Das bedeutet aber nicht, dass damit die Jagd abgeschafft wird. „Eine moderne Jagd ist Wildtiermanagement, das die Erfordernisse des Tier- und Naturschutzes berücksichtigt und damit auch zukünftig seinen Platz in Deutschland hat“, erklärt Tumbrinck. Damit reduziere sich aber die Liste der jagdbaren Arten, wie auch der Umfang der Jagdzeiten, um unnötige Störungen zu vermeiden. Für die Bevölkerung bestehe so wieder die Chance, heimische Tierarten mit viel geringeren Fluchtdistanzen als heute aus der Nähe beobachten zu können.
Der NABU erwartet vom LJV und der Jägerschaft, dass sie aufhören, sich jeder Novellierung des Jagdgesetzes zu verweigern. Die Notwendigkeit, dass ein fast 80 Jahre altes Gesetz den Entwicklungen in der Natur, den Erfordernissen des Tier- und Naturschutzes sowie den geänderten Erwartungen und Ansprüchen der Gesellschaft angepasst werden muss, sei offenkundig."