Presseschau: Katharina Schwabedissen |
veröffentlicht von V. Ammer am 27.4.2012 |
Quelle: www1.wdr.de/themen/politik/sp_neuwahl/programme/schwabedissen106.html, heruntergeladen am 27.4.2012, 12.30 Uhr
Katharina Schwabedissen ist ein politisches Talent ohne Karriereambitionen. Sie ist Spitzenkandidatin der Linkspartei ohne eigene Wahlkampfplakate. Sie ist höchst uneitel - und trotzdem Politikerin. Ein Porträt.
Ein Che Guevara-Devotionalien-Stand, Bratwurst für einen Euro, rote Fähnchen und ein paar verstreute Linke-Anhänger, die Flyer verteilen - die Linkspartei feiert Wahlkampfauftakt auf dem Düsseldorfer Marktplatz. "Unsere Tage sind gezählt", singt die niederländische Band "Bots", die doch eigentlich einheizen sollte, bevor Katharina Schwabedissen auf die Bühne tritt.
Die Spitzenkandidatin der Linkspartei trägt roten Schal, lila T-Shirt und ein zufriedenes Lächeln. Mitten im Bratwurst-Rauch gibt Schwabedissen ein Interview, lässt sich mit einem Genossen aus Ratingen fotografieren und geht dann ungestört ihr Manuskript für die Rede durch. Sie ist kein Typ, der auffällt, Hände schüttelt, in der Menge badet.
Katharina Schwabedissen ist anders als Kraft, Röttgen, Lindner, anders als andere Spitzenpolitiker. Sie gilt als Talent, will aber nicht unbedingt politische Karriere machen. Sie ist zurückhaltend, spricht sich gegen Ämteranhäufung und Personenkult aus. Auf die Frage, ob sie denn nicht nach oben wolle, weicht sie aus: "Oben? Ich weiß gar nicht, wo dieses oben ist." In Interviews antwortet sie kurz und knapp und sogar meist auf die Fragen, versteckt sich nicht hinter den üblichen parteipolitischen Sprechblasen. Schwabedissen muss angeheizt, nicht gebremst werden.
Geboren wurde sie 1972 in Bielefeld. Ihr Vater ist evangelischer Pastor, er prägte sie politisch. Schwabedissen setzte sich früh für die Dritte Welt ein, engagierte sich in der Anti-AKW-Bewegung, arbeitete bei Amnesty International. Sie machte eine Ausbildung zur Krankenschwester, später studierte sie Philosophie und Geschichte an der Ruhruni in Bochum. Ihre Magisterarbeit schrieb sie 2008 über das Thema "Kinder, Küche, Klassenkampf - Frauenbilder in der DDR und BRD".
Schwabedissen ist Feministin, Friedensaktivistin, Vorzeige-Linke. Ihr Facebookprofilfoto zeigt sie bei einer Sitzblockade. Politisch aktiv wurde sie 2004, als sich die WASG gründet. 2008 wurde sie Landessprecherin der Linkspartei. Warum hat sich Schwabedissen für die Politik entschieden? "Weil die Welt sich verändern lässt. Ich habe zwei Kinder - ein wichtiger Grund, das auch zu tun."
Neun und 14 Jahre sind ihre zwei Söhne jetzt alt. Manchmal bekomme sie von den beiden schon ein "doof, dass du so viel weg bist" zu hören. Schwabedissen nimmt sich das zu Herzen. "Ich versuche, viel Zeit für die Kinder freizuschaufeln. Nicht nur Berufspolitikerin, sondern auch Mutter zu sein." Doch das sei nicht immer einfach.
Die meisten Spitzenpolitiker leben entweder in klassischen Rollenverteilungen oder haben keine Kinder - zumindest ist Zeitnot wegen familiärer Pflichten kein populäres Thema bei Politikern. In NRW bieten Spitzenkandidaten ganztägige Bustouren an, reisen von Wahlkampfauftritten zu Pressekonferenzen, laden zu Hintergrundgesprächen ein und lächeln an jeder Ecke von den Plakaten. Schwabedissen klebt an keiner Einzigen. "Die Wähler brauchen Gesichter, ja. Aber gewählt wird doch wegen der Inhalte!", verteidigt sie die etwas andere Strategie ihrer Linkspartei.
Ob die Linke bei der anstehenden Wahl in den Landtag einzieht, steht auf der Kippe. Schwabedissen, die mit dürftigen 70 Prozent auf Listenplatz eins gewählt wurde, säße dann zum ersten Mal im Landtag. Für sie eine "mulmig bis spannende Herausforderung". Sie sei gespannt, ob sie die parlamentarische Arbeit verändert. Katharina Schwabedissen will nicht in "so einen parlamentarischen Raum" abdriften, sie will mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben - dieser Wunsch bremst und zeichnet sie aus.