Paradigmenwechsel notwendig |
veröffentlicht von V. Ammer am 16.2.2012 |
Wir brauchen einen Paradigmenwechsel: Breit aufgestellte Investitionen in die Zukunft statt ausschließliche Fokussierung auf ein fiktives Projekt.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren!
Es gibt viele richtige Ansätze im Haushalt, aber wesentliche Grundprobleme werden leider nicht angegangen.
Risiken und Probleme in der Haushaltsführung ergeben sich teilweise aus der fehlenden Konnexität bei immer neuen Aufgaben, werden aber auch hausgemacht, unter anderem weil Horn-Bad Meinberg wegen des Industrieparks Lippe seit Jahren einen harten Sparkurs steuert.
In den nächsten Monaten wird sich die Zukunft des Industrieparks entscheiden müssen, die Fokussierung auf ein sehr ungewisses und teures Projekt hemmt beispielsweise andere Möglichkeiten der kurzfristigen und maßgeschneiderten Interaktion mit ortsansässigen Firmen.
Die geplante Gesamtsumme für den Industriepark von 9,2 Millionen Euro enthalten Fördergelder in Höhe von 3,3 Millionen Euro. 2,4 Millionen Euro Kosten sind bereits in den Vorjahren angefallen, 281.000 Euro für Grunderwerb in 2011 sowie 14.000 Euro Planungskosten und nun für 2012 Personalaufwendungen von 65.000 Euro. Diese Ausgaben fesseln Liquidität und fehlen schmerzhaft an allen Stellen. Sie bremsen oder verhindern wichtige Zukunftsinvestitionen. Dazu kommen noch die Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 5,3 Millionen Euro für den Industriepark, um finanziellen Spielraum für einen potentiellen Investor zu gewährleisten. Entgegen aller früheren Versprechungen fließen immer mehr Mittel in dieses Projekt. Ich frage Sie: Wie lange noch? Nach über zehn Jahren ist die Bilanz erschreckend - nichts! Das nenne ich nicht Sience-, sondern Political-Fiction, ein Wunschdenken mit wenig Realitätsbezug. Groß angekündigte Vermarktungsstrategien verlaufen im Nichts. Am Ende bleibt eine hochsubventionierte Industriefläche für Solaranlagen auf Ackerflächen. Ich nenne das ökologischen und ökonomischen Wahnsinn.
Die Pro-Kopf-Verschuldung in Horn-Bad Meinberg beträgt rund 300,- Euro und ist damit niedrig im Vergleich zu anderen lippischen Kommunen. Problematisch sind die ausgelagerten Schulden in Höhe von rund. 20 Millionen Euro bei den Stadtwerken, welche zusätzlich mit 1200 Euro pro Einwohner und einer Zinslast von rund1 Millionen Euro jährlich zu Buche schlagen.
Dabei lassen die Stadtwerke das Geld auf der Straße liegen, oder besser auf den Parkplätzen unserer vielen Einkaufsmärkte. Ein Gebührenvergleich der IHK Lippe zu Detmold (Quelle: www.detmold.ihk.de/datei/doc/4012) deckt die merkwürdige Gebührenordnung unserer Kommune auf. Den Privathaushalten mutet sie vergleichsweise hohe Gebühren zu und verzichtet dabei auf eine Splittung in Abwasser und Regenwasser, was allein schon ein Anachronismus ist. Ein Fachmarkt mit 15.000 m² versiegelter Fläche zahlt dagegen nur 1.410 Euro, kaum mehr als ein Sechs-Personen-Haushalt. Das Kommunalabgabengesetz gibt vor, dass eine solche Gebührenunterdeckung nicht zulässig ist. Hätten wir in Horn-Bad Meinberg eine Gebührenordnung wie beispielsweise in Schlangen, würde der oben genannte Haushalt um ca. 300 Euro im Jahr entlastet und der Fachmarkt müsste 6.679 Euro Jahresgebühr zahlen, in Detmold sogar14.282 Euro und in Dörentrup 18.409 Euro. Ich kann nur alle Anwesenden empfehlen, bei Gelegenheit den Gebührenrechner der IHK zu nutzen (Quelle: www.detmold.ihk.de/datei/doc/4027).
Mit 418 Punkten liegt die Gewerbesteuer nur geringfügig über dem fiktiven Hebesatz von 411 Punkte, sodass gerade noch die Schlüsselzuweisungen nicht gekürzt werden. Eine Erhöhung um 12 Punkte bedeuteten eine vergleichsweise geringe Anhebung von 2,9 % innerhalb eines Zeitraums von 7 Jahren und ergäben Mehreinnahmen von 112.000 Euro.
Mit allen Mitteln wird ein Industriegebiet „aufgehübscht“, für das es keine ernsthaften Interessenten gibt: Ein kostspieliges aber wenig überzeugendes Marketing, ein vergleichsweise niedriger Gewerbesteuersatz, nicht kostendeckende niedrige Wassergebühren für großflächige Anlagen, teure Flächenzukäufe, aufwändige Gelände-Einebnungs-Planungen, die Ablehnung jeglicher Einschränkungen bei der kommerziellen Nutzung des Stadtwaldes statt einer Aufwertung unserer Gemeinde durch einen Nationalpark in Senne und Teutoburger Wald: Dies sollen alles positive Signale an einen potentiellen,fiktiven Investor (aus China?) sein, die wir aber als Bürger der Stadt unter dem Strich teuer bezahlen. Zukunft und Lebensqualität werden hier sehenden Auges teuer beeinträchtigt.
Erst kürzlich wurde eine neue Straßenbaubeitragssatzung beschlossen, die unsere Bürger zukünftig unverantwortlich hoch belasten wird. Für Straßenbaumaßnahmen wurde der Eigenanteil der Anlieger um durchschnittlich 20 Prozentpunkte angehoben. Bis zu 80% einer Baumaßnahme müssen nun die Anwohner schultern. Zukünftig werden manche notwendige Straßenbauprojekte und Straßensanierungen am Widerstand der Betroffenen scheitern.
Gut und wichtig, aber leider halbherzig ist die Bereitstellung von 120.000 Euro für die Medienentwicklung an den Schulen. Um zukünftige Wartungs- und Reparaturkosten gering zu halten, wären laut Gutachter 300.000 Euro im ersten Jahr in der Gesamtbilanz sparsamer.
Auch beim Straßen- und Gebäudeunterhalt sind die Kosten zu niedrig angesetzt, wir leben in Horn-Bad Meinberg seit vielen Jahren von der Substanz und vernichten Werte. Zurückstellungen bei Straßen- und Brückensanierungen sind typisch für die Haushaltspolitik in unserer Gemeinde.
Die Mensa ist nun leider für ein Schulzentrum mit ca. 1500 Schülern viel zu klein erstellt worden. Nun steht durch die kommende Sekundarschule bereits 2013 die komplette Umstellung auf Ganztagsbeschulung an. Der Verantwortung für eine gesunde Ernährung der Schüler, die sich aus einer Ganztagsbeschulung ergibt, kann diese Mensa kaum gerecht werden. Dazu gehört auch das Sicherstellen einer soziale Ausgestaltung des Mensa-Bezahlsystems und der Essenspreise. Im gleichen Schulzentrum fehlen weiterhin ausreichende Turnhallenkapazitäten.
Wo sind die Impulse für zukünftige Investitionen? Gerade die Innenstadt von Horn schreit förmlich nach einem städtebaulichen Förderkonzept. Horn Bad Meinberg muss weiterhin Förderregion sein. Es ist ein Fehler, nicht mehr am Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzept ISEK mit den Nachbarkommunen in Südlippe teilzunehmen. Vordergründig werden Eigenmittel gespart, gleichzeitig aber auf bis zu 80% Fördermittel verzichtet. Es braucht keinen Planungsneubeginn. Lediglich eine Aktualisierung und Weiterentwicklung muss jetzt für die Jahre 2014 bis 2020 auf den Weg gebracht werden. Wir dürfen unsere Innenstadt ebensowenig aufgeben wie unseren Bahnhof. Ein Abriss erscheint mir nicht alternativlos. Statt einer reinen Haltestelle könnte im Rahmen des Hochschulprojekts „Elektrisch Bewegt, Mobilitätsnetz Gesundheit“ (http://www.hs-owl.de/hsnews/news/newdetail/news/chancen-der-elektromobilitaet-fuer-kurorte/1.html) der Hochschule Ostwestfalen-Lippe ein der Stadt entsprechender Bahnhof mit Pedelec-Station und touristischer Anbindung von den Externsteinen bis zum Kurgastzentrum entstehen.
Haushaltstechnische Unsicherheiten sehe ich noch bei der Kostenabrechnung und dem abschließenden Controlling-Bericht des Mensabaus, die beide noch nicht vorliegen.
Die Horner Innenstadt darf keine Umgehungsstraße für Fromhausen sein, Fußgänger sollten wieder sicher die Fußgängerzone und den Marktplatz überqueren können. Wir brauchen ein stimmiges Konzept für die Spielplätze im Gemeindegebiet, damit diese ihre soziale Funktion erfüllen können und einladend und sicher sind. Das Schulzentrum muss so ausgestattet werden, dass Ganztagsschule und Inklusion für alle Beteiligten ein Gewinn sein kann und Schüler, Eltern und Lehrer nicht vor unlösbare Probleme stellen. Es steckt viel Potential in Horn-Bad Meinberg. Um dieses zu nutzen brauchen wir aber einen Paradigmenwechsel: Die Lebensqualität in unserer Stadt kann gesteigert werden durch gezielte Investitionen in die Zukunft und in Stadtentwicklung, durch Ausbau der hervorgehobenen Lage an einem zukünftigen Nationalpark mit vielen positiven Effekten für Bildung, Tourismus, die Setzung eines Schwerpunktes auf Familien und Bildung, durch Schaffung besserer Rahmenbedingungen für kleinere Firmen und Betriebe usw. Manchmal kann man mit geringen Mitteln viel erreichen: Auf dem Marktplatz kenne ich als regelmäßiger Marktbesucher manche Scherben schon seit Jahren und mir fällt auf, dass der vor Jahren mit viel Geld mit rotem Pflaster hergerichtet Rundweg am Wall seither nicht einmal gefegt wurde. Zwar pendeln über1.650 Arbeitnehmer von Horn-Bad Meinberg zu einer entfernt liegenden Arbeitsstätte, aber viele leben gerne hier in einer lebens- und liebenswerten Stadt, die viel zu bieten hat.
Ich kann dem Haushaltsentwurf leider in der vorliegenden Form nicht zustimmen und werde daher mit „nein“ stimmen.
Diana Ammer
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