LINKE fordert soziale Bürgerpolitik |
veröffentlicht von Administrator am 15.2.2019 |
Rede von Diana Ammer, DIE LINKE, zur Verabschiedung des Haushalts der Stadt Horn-Bad Meinberg 2019 in der Ratssitzung am 14. Februar 2019:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,
Ja, der Haushalt hat einen Überschuss, der ist aber nicht zuletzt auch nur möglich, weil es mehr Schlüsselzuweisungen und die Erhöhung der Gewerbesteuer gab, zuvor fehlte dazu der politische Wille!
Ja, und das Bauamt investiert rein Zahlen technisch so viel, dass der Werteverzehr und die Investitionen im Einklang sind, das heißt, im baulichen Bereich fahren wir seit Jahrzehnten erstmalig nicht mehr auf Verschleiß.
Beim Bewerten des Zahlenwerks des städtischen Haushaltes hat der eine oder andere Vorredner bei dem gebotenen Blick auf die Details den Überblick über unser Gemeinwesen verloren.
Wer Gespräche mit dem Lippischen Landesverband führt und nicht aussagefähige Zahlen als Erfolg präsentiert, betreibt Effekthascherei und erweist unserer Stadt einen Bärendienst. Die vorgelegten 10 Zahlen zu 7 Liegenschaften sind unvollständig, geschätzt, enthalten nicht die Unterhaltskosten der aufgeführten Immobilien und lassen jegliche Informationen zu den Einnahmen des Landesverbands im Stadtgebiet außen vor (z.B. die Pachteinnahmen der Gastronomie Externsteine, Bewirtschaftung von Parkplätzen, Einnahmen aus Brunnenrechten, Gewinne aus der Forstwirtschaft). Es ist hier auch der Sache nicht dienlich, der eigenen Verwaltung vorzuwerfen, den Kopf in den Sand zu stecken, wo doch bis zum heutigen Tag der LVL keine konstruktiven Zahlen vorgelegt hat. Vorzugeben, dass die Stadt diverse unrentierliche Liegenschaften ohne Nutzungsperspektiven übernehmen könne, zeugt von einer absoluten Überschätzung der städtischen finanziellen Möglichkeiten.
Und wer ein weiteres Gesamtkonzept für Bad Meinberg fordert, sollte doch erst einmal den bereits längst vorhandenen Masterplan für Bad Meinberg aus der Schublade holen.
Wer den gefühlten und subjektiven Ängsten in Horn begegnet mit einem privaten Ordnungsdienst für über 40.000 €, der hat zwar scheinbar eine Antwort auf Stimmungsmacher und teilweise zwar berechtigte Ängste, aber in keiner Weise eine Lösung.
Es reicht nicht, gebetsmühlenartig die steigenden Sozialkosten zu beklagen und auf ein Wunder zu hoffen. Denn die falsche Sparpolitik der letzten Jahre hat dazu geführt, dass die soziale Segregation (Abspaltung) unserer Gesellschaft, insbesondere auch ganzer Stadtteile und Sozialräume wie Horn Zentrum/ Moorlage massiv voranschreitet. Hier müssen wir als Kommune und Rat Verantwortung übernehmen.
Sehr positiv und absolut notwendig ist für die Innenstadt Horn das Integrierte Handlungskonzept. Es kann aber nur erfolgreich sein, wenn das IHK nicht allein als Programm für Wohnungsbau und Stadtteilerneuerung verstanden wird. Das IHK muss auch sozial gedacht werden. Es müssen Strategien entwickelt werden, die die negativen Effekte der sozialräumlichen Segregation deutlich reduzieren und eine umfassende positive Entwicklung ermöglichen. Es müssen alle Schaltstellen für differenzierte und zielgruppenspezifische Maßnahmen in unserer Kommune aktiviert bzw. optimiert werden.
Dazu gehört die Förderungen von Kitas und außerschulischer Jugendarbeit. Dazu gehört die Einrichtung und der Ausbau wohnortnaher und bedarfsgerechter Beratungsstellen. Des weiteren denke ich an Streetworker, und ausreichend Hausmeisterkapazitäten. Wichtig sind zudem Programme für Deeskalation und Gewaltprävention, Mediation, Konfliktmanagement an allen Kitas und Schulen.
Horn in seiner zentralen Lage in Südostlippe und mit seinen besonders vielfältigen Aufgaben ist prädestiniert für örtliche und überörtliche Angebote, vor allem auch des Kreises:
Für Sozialarbeit, Familienberatung, schulpsychologischer Dienst, schulische und außerschulische Lernorte, Jobcenter (Entwicklung eines sozialen Arbeitsmarktes), ein Sozialkaufhaus … sollten ausreichend Räumlichkeiten hier verankert werden.
Ich verweise da ausdrücklich auch auf die von mir über Jahre mehrfach angefragten verschiedenen Vorschläge der Schulleiter zur Nutzung der Turmschule.
Etwas verwundert bin ich hier, dass das Bürgerbündnis jetzt auch eine Idee für die Turmschule hat. Man will sich mit fremden Federn, wie so oft, schmücken....
Von der Verwaltung, und insbesondere vom Fachbereich 2 wurden immer noch keine Vorschläge vorgelegt, wie diese soziale Segregation – wenn nicht aufgehalten – dann doch zumindest gebremst werden könnte. Die Realitäten vor Ort, vor allem im Sozialraum Horn Zentrum und Moorlage müssen endlich benannt, analysiert und daraus dringend die notwendigen Konsequenzen gezogen werden. Die ALG-II-Quote im Stadtgebiet liegt bei 22,3%, im oben genannten Sozialraum dürfte diese Quote um eklatant höher liegen. (ALG-II-Quote Lippe: 9,8%, Stand August 2018) Ich fordere daher einen sofortigen Paradigmenwechsel, von einem Sozialraumverwalten hin zu einem Sozialraumgestalten. Es muss die weitere Segregation ganzer Stadtteile und ihrer Bewohner verhindert werden.
Dazu gehört das Neudenken und Hinterfragen unserer jetzigen exkludierenden Bildungslandschaft hin zu einer integrierenden Bildungssituation. In welche Richtung, auf welches Ziel hin wollen wir unsere Schulen weiterentwickeln?
Die Grundschule in Horn trägt die Hauptlast der Inklusion und Integration. Die Quote der Kinder mit Migrationshintergrund liegt hier bei 60%. Deshalb fordere ich, diese Schule endlich dem Bedarf entsprechend mit räumlichen und personellen Ressourcen auszustatten.
Die Stadt als Schulträger, sollte gemeinsam mit dem Schulamt des Kreises Lippe und der Bezirksregierung und Land alles daran setzen, die Grundschule Horn zu einer Modellschule zur Integration und Inklusion auszubauen.
Die Räumlichkeiten in der Grundschule reichen jetzt schon hinten und vorne nicht für einen differenzierteren und individuelleren Unterricht. Die Räume der Offenen-Ganztagsbetreuung sind für diesen Zweck wenig geeignet und nicht ausreichend.
Sie sollten wieder ihrem ursprünglichen Zweck als Unterrichtsräume zugeführt werden.
Für die die OGS in Horn sollten geeignetere Räumlichkeiten bereitgestellt werden. Dazu wäre es mehr als hilfreich, die tatsächlichen Bedarfe der OGSen an beiden Standorten endlich realistisch zu erheben und die Arbeit der OGS konzeptionell zukunftsweisend und auch räumlich neu zu denken.
Daneben die Bedarfe der Tagespflege in der Jugendhilfe zu evaluieren und dann eine der Entwicklung des Sozialraumes angemessene Lösung zu erarbeiten: z.B. im Rahmen der Neubewertung der Turmschule oder ggf. auch durch einen Neubau an der Grundschule Horn.
Im Bereich der weiterführenden Schulen trägt die Sekundarschule die Hauptlast der Integration und die der sogenannten Inklusion sowieso. 50% der Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule haben einen Migrationshintergrund. Es gibt immer noch 2 separierte Integrationsklassen, wann kann wirklich integriert werden?
Warum hält man krampfhaft an einer Dreizügigkeit fest, wo doch der Bedarf ein ganz anderer ist und auch die Nachbarkommunen kaum freie Kapazitäten haben? Warum müssen Familien, die ins Stadtgebiet ziehen, ein halbes Jahr und länger auf einen Schulplatz warten? Warum wird der tatsächliche Bedarf der Sekundarschule Horn seit Jahren ignoriert und die Vierzügigkeit von allen Verantwortlichen verweigert? Dass an der Sekundarschule Kinder in allen Jahrgangsstufen abgewiesen werden, ist für die Stadtentwicklung ein katastrophales Signal!
Im Schulzentrum herrscht Raummangel an allen Ecken und Enden. Deshalb ist die Diskussion um eine Schließung der Kleinschwimmhalle im Schulzentrum ohne jeden Realitätsbezug. Wo soll bitte schön ein Richtlinien konformer, also ausreichender Sportunterricht stattfinden? Ich erinnere daran, dass das Gymnasium damals ohne eigene Sporthalle errichtet wurde.
Wo sollen unsere Schüler denn sonst Schwimmunterricht bekommen? Sind die Alternativen geprüft? Falls überhaupt in den Nachbarkommunen Schwimmhallenkapazitäten frei sein sollten, dann bestimmt nicht kostenlos! Der Schülerbustransport käme hinzu. Dieser ist schon mehr als problematisch bei den bereits jetzt notwendigen Fahrten von Schülern zur Sporthalle am Waldstadion. Tote Sitzzeit statt Sport.
Wer jetzt das Badehaus ins Spiel bringt, sollte folgende Fakten bedenken:
Die Schülertransportkosten liegen mindestens bei 60.000 € pro Jahr. Und von den Betreibern des Badehauses liegt kein Angebot vor, in welchem Umfang sie Schwimmzeiten für Schüler zu welchen Kosten anbieten können oder wollen. Dazu kämen aufsichtsrechtliche Probleme in einem Schwimmbad, das für Schulschwimmen überhaupt nicht eingerichtet ist. Wie soll dort ein verantwortungsvoller Schwimmunterricht für Kinder ab 6 Jahren in zwei-Schulklassen-Stärke erteilt werden? Welche Umbaumaßnahmen (Sicherheit, Gruppenumkleiden, etc.) würden nötig und wer würde die Kosten dafür tragen?
Wer im Schulzentrum die Schwimmhalle schließt, nimmt darüber hinaus auch den Schülern der Teutoburger-Wald-Schule das Schwimmbad. Also den Schülern, die den größten Bedarf an regelmäßiger Bewegung haben. Gerade für Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen ist die Bewegung in Wasser unschätzbar wichtig. Der Bedarf der Teutoburger-Wald-Schule wird bereits heute mit dem Schulschwimmbad nicht gedeckt, ältere Schüler werden bereits heute zum Badehaus und – mangels Kapazitäten im Badehaus – auch zum Aqualip gefahren.
Hier muss aber darauf hingewiesen werden, dass das Badehaus ein privatwirtschaftliches Unternehmen, eine GmbH ist. Bei den Absprachen mit dem Landesverbandes, die zu den jährlichen Zuschüssen geführt haben, war die Stadt in keiner Weise beteiligt. Warum sollte nun die Stadt diese vom Landesverband ausgehandelten finanziellen Verpflichtungen übernehmen, Lückenbüßer sein?
Wenn der Betrieb des Badehauses einen so hohen jährlichen Zuschuss erfordert, wieso verzichtet man dann z.B. nicht auf das energieintensive Betreiben des großen Außenbeckens, wenigstens im Winter?
Für die Mensa im Schulzentrum sind im Jahr 2017 der Stadt Kosten von 47.175 € entstanden, abzüglich Gebäudemanagementkosten von 17.377 . Das bedeutet, wohlwollend gerechnet, dass jedes Essen mit knapp 2€ subventioniert wird. Die Zahl der verkauften Essen und der Qualität hat nichts mehr mit den einstigen Planungen des Mensaauschusses zu tun. Das Konzept des Lippischen Kombi-service ist gescheitert. Dringend sollte hier der Vertrag mit der LKS entsprechend der Empfehlung der Gemeindeprüfungsanstalt zum nächsten Zeitpunkt gekündigt werden.
Die Verteilung der Kita-Plätze im Sozialraum Horn ist elitär. Mobile und bessergestellte Familien werden massiv bevorzugt. Denn solange ein Platz in einer Kita in einem Stadtteil frei ist, ist es juristisch einwandfrei, dutzende Kinder abzuweisen. Und das hat zur Folge, dass Kinder aus sozial schwächeren Familien systematisch vom Kita-Besuch ausgeschlossen sind, wenn diese nicht die Möglichkeit haben, ihre Kinder zu einem Kindergarten in einem anderen Ortsteil zu fahren. Das ist ein massives Integrationshemnis und erschwert die Arbeit der Grundschulen.
Eine gute Schul- und Kita-Landschaft ist gute Bürgerpolitik. Sie ist keinesfalls im Gegensatz zu den anderen städtischen Aufgaben zu sehen. Wer z.B. ein Altenheim, Investitionen im IPL oder sonst wo im Stadtgebiet plant, benötigt auch Mitarbeiter. Diese brauchen eine familienfreundliche und funktionierende Infrastruktur. Daher braucht es Anstrengungen in allen Bereichen und für alle Stadtteile, und besonders für die benachteiligten Sozialräume.
Es gilt nicht, entweder oder, sondern sowohl als auch.
Da der vorgelegte Haushalt trotz verhältnismäßig guter Finanzlage nicht die nötigen Schwerpunkte setzt, um diese Themen im Sinne einer nachhaltigen und sozialen Entwicklung der Stadt Horn-Bad Meinberg anzugehen, kann ich dem Haushalt leider nicht zustimmen.
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